Gigantische Kulisse aus Krach und Abgasen
In ununterbrochener Reihenfoge rollten Panzer ins Übungsgebiet
H a ß f u r t. Das gegenwärtige auf vollen Touren laufende Manöver der US-Streitkräfte “Reforger II” hat hauptsächlich die Städte und Gemeinden des Landkreises erfaßt, die im Maintal und an seinem Rand liegen. Dabei wurde gestern in der Kreisstadt selbst ein erster Höhepunkt der rollenden Kolonnen erreicht.
Mag es auch für Augenblicke ein recht imposanter Anblick sein, wenn die ungeheueren Stahlkolosse der Panzer und der Kettenfahrzeuge mit aufmontierten Brückenteilen durch die Straßen der Stadt donnern, so stellen sie doch auf die Dauer eine fast unerträgliche Belästigung für die Bevölkerung dar. Mit ungeheurem Getöse heulen die Motoren auf, blockieren die Kolonnen den Straßenverkehr und zermahlen die Gehsteige. Auf der Rathauskreuzung in Haßfurt wurde gestern nachmittag die Fahrbahn von den unzähligen, um 90 Grad schwenkenden Panzern abradiert. Die für die Abwicklung des Verkehrs mit Soldaten der Militärpolizei eingesetzten Beamten der Landpolizei verschwanden teilweise in einer schwarzen Auspuffwolke, die sich wie Ruß durch die Straßen der Stadt wälzte.
Mehrere hundert Tonnen Stahl, die sich laufend in Richtung Mainbrücke schoben, ließen die Häuser in ihren Grundfesten erzittern, un selbst das Schauspiel eines infernalischen Kraches konnte die Frage nicht verstummen lassen, warum diese Gegend eigentlich alljährlich zum Manövergebiet der US-Truppen besucht wird. Die Verstimmung erreicht noch einen Höhepunkt, wenn man bedenkt, daß nun beide Maintalstraßen blockiert sind, durch Panzer und Rübenfahrzeuge, die selbst in diesem scheinbaren Chaos verzweifelt nach einem Vorwärtskommen suchen.
Es wird abzuwarten sein, was die nächsten Tage dieses Manövers bringen, das sich hoffentlich recht bald aus dem Raum des Maintals in Richtung Grafenwöhr verlagern möge, wo man auf dem Truppenübungsplatz wohl genügend Raum hat, Pferdestärken und Kaliber sich austoben zu lassen.
Erhebliche Verkersbeschränkungen
Das US-Manöver “Reforger II” erreicht nun nach einer Mitteilung der LP-Inspektion im Landkreis seinen Höhepunkt. Es sind deshalb erhebliche Verkehrsbeschränkungen zu erwarten. Starke US-Verbände werden vor allem am 15., 16. und 19. Oktober zwischen 6.30 und 8 Uhr und zwischen 24 und 2 Uhrauf den Kreisstraßen zwischen Weisbrunn, Lembach und Dippach, in der Zeit von 10 bis 12 Uhr auf der B 26 zwischen Roßstadt und Dippach und zur gleichen Zeit auch zwischen Stettfeld und Staffelbach verkehren. Außerdem werden am 19. Oktober zwischen 10.30 bis 12 Uhr schwere gepanzerte US-Verbände über die Flutbrücke nach Haßfurt und weiter in Richtung Königsberg rollen. Wegen des großflächigen Manöverraumes ist es nicht möglich, Verkehrsumleitungen durchzuführen. Die Kraftfahrer und besonders die Zuckerrübenbauern werden gebeten, zu den angegebenen Zeiten das Manövergebiet zu meiden.
Wonfurt – Horhausen beleuchtete nochmals Bgm. und Kreisrat Toni Voit aus Obertheres, der vor allem für eine bessere Sicherung der Brückenabfahrt plädierte. Dieses Problem wird, wie Landrat Keller versicherte, in der nächsten Sitzung des Kreistages an die Vertreter der Straßenbaubehörde herangetragen.
Hassfurter Tagblatt vom 14. Oktober 1970
Quelle: Hassfurter Tagblatt